Nach Bandscheiben-schneiden Krankheit
Alte und Neue Gedanken zum Bandscheibenproblem
Zurück zur Homepage | wann Diagnostik ? | welche Diagnostik ? | alte und neue operative Zugänge und Methoden
Diagnose PDS - Bequemlichkeit oder Verlegenheit ? | berüchtigt - die Narbe | eine verwegene Behauptung
Zusammenfassung und Postulate | Literatur | Glossar


Alte und neue operative Zugänge und Methoden

Das hier ist Laminektomie, bedeutet aber nicht moderne Bandscheibenchirurgie :





Eine Laminektomie zur Beseitigung eines Bandscheibenvorfalles führt man seit langer Zeit nicht mehr durch, das wäre eine unnötig große Freilegung, eine unnötig große Wundfläche.


Die klassische trompetenförmige Laminektomie hat allerdings weiterhin ihre Berechtigung bei der Spinalstenose :

Stierkopfform des engen Spinalkanales vor ... ... und nach Laminektomie
Die Hemilaminektomie ist andererseits kein großer Eingriff, da sie nur eine Erweiterung der üblichen Fensterunsoperation darstellt :
Laminektomie und Hemilaminektomie
werden heute zunehmend durch sog. Undercutting oder Laminoplastie ersetzt.

Heutiger Standard der eigentlichen Bandscheibenoperation ist nicht die Laminektomie sondern die Fensterung - Walsh hat sie erstmals 1938 beschrieben [11], nachdem Mixter und Barr 1934 die erste Diskektomie durchgeführt hatten [55]. Yasargil führte in den 70er Jahren das Mikroskop ein [12], Caspar ein standardisiertes Mikroinstrumentarium [13]. Unter diesen beiden Voraussetzungen spricht man von der mikrochirurgischen Bandscheibenoperation.

Aus: Bradford, Spurling - The intervertebral disc, 1941

Flavektomie oder (knöchern) erweiterte inter-laminäre Fensterung Cauda, Nervenwurzel, Sequester dahinter ...  ... dasselbe unter Mikroskop
Ausräumung der Sequester und des Zwischenwirbelraumes ... ... mit Faßzangen. Zwischenwirbelraum = Bandscheibenraum nach Ausräumung

In jüngster Zeit gibt es Bemühungen, diesen paramedianen oder paraposterioren Zugang über das interlaminäre Fenster weiter zu minimieren, indem man statt des Mikroskops ein Endoskop zur Sichtbarmachung verwendet. Bei dem noch kleineren Zugang würde man vom Mikroskop kein ausreichendes Licht mehr erhalten.

paramedianer Zugang - hier mikro-endoskopisch

Bei dieser mikro-endoskopischen Methode benutzt man das bisherige mikrochirurgische Instrumentarium parallel zum Endoskop (s. a. Bandscheibenbuch). Man arbeitet fast in üblicher Weise weiter, allerdings mit doch eingeschränktem Aktionsradius bei Austastung und Ausräumung. Deshalb ist die Methode nicht für alle Fälle geeignet.

Wie erreicht man nun laterale Vorfälle, intraforaminale oder gar weit extraforaminale ?

intraforaminaler Sequester


Diesen Sequester erreicht man noch über den Spinalkanal.



Der postero-laterale Zugang wäre in folgenden Fällen allerdings
der zuverlässigere Weg :

 
extraforaminaler Sequester dasselbe Diese Sequester liegen soweit extraforaminal, dass man sie niemals über eine Fensterung paramedian erreichen könnte. Sie haben sich zudem fest unter der Wurzel verkeilt.

Die Häufigkeit dieser extraforaminalen Vorfälle liegt nach der Literatur immerhin bei 7-11% aller Vorfälle [25,26].


Wie gelangt man nun dorthin ?

Man kann den oben geschilderten paramedianen Zugang erweitern, heißt den Schnitt verlängern, um die paraspinale Muskulatur soweit von der Mittellinie abschieben zu können, daß man lateral am Gelenk vorbeikommt : der Zugang nach Osgood [39]. Dies aber bedeutet Denervierung von Gelenken und Muskulatur, bedeutet auch, daß man einen ungünstigen Blickwinkel hat.

Zugang nach Osgood, ursprünglich zur Ganglionektomie
postero-lateraler Zugang - hier mikro-endoskopisch Einfacher ist hier der postero-laterale Zugang nach Wiltse [40]. Er entspricht im Prinzip dem Zugangsweg bei den perkutanen Verfahren (s. weiter unten).

Durch stumpfes Dilatieren der Muskulatur, namentlich zwischen den Mm.multifidus und longissimus dorsi, ist dieser transmuskuläre Zugang sehr schonend (s. a. Bandscheibenbuch).
postero-lateraler=extraforaminaler Zugang am Modell dasselbe endoskopisch: Perforationsstelle ... ... und nach Ausräumung

Schon seit den 60er Jahren fanden sich Bestrebungen, den invasiven offenen Zugang durch den Spinalkanal zu vermeiden - mit all seinen Problemen wie Blutung, Duraverletzung, Narbenbildung, Rezidivbildung, Instabilität. So entwickelte man verschiedene Varianten des schonenden perkutanen Zuganges von postero-lateral, wobei man sich allerdings auch auf einen minimalen Eingriff insgesamt beschränken wollte und mußte : eine weitreichende Ausräumung wurde gar nicht angestrebt, um die Gefahr der Instabilität zu vermeiden. Ziel war die Volumendekompression : Entlastung durch Gewebsentnahme. Der vorgebeulte Anulus fibrosus sollte die Wurzel wieder freigeben :



Diese Volumenverminderung wurde zunächst erreicht durch Injektion von Chymopapain, dem proteolytischen Anteil des Papains. Der Verbund der Proteoglykane wird dabei aufgelöst, die Wasserbindungskapazität des Nucleus pulposus wird zerstört, der Bandscheibenraum schrumpft : Dekompression auf chemischen Wege also, Chemonukleolyse (1963) [56].

Ab 1975 wurden mechanische Methoden eingeführt:
perkutane Nukleotomie mittels Faßzangen [57] oder automatisiert über eine angeschlossene Hochvakuumpumpe (APLD, 1985) [58] oder das Gewebe wird von einer Laserfaser vaporisiert und herausgespült (PLDD, 1987) [59].

Das Ganze konnte uniportal unter Durchleuchtung geschehen oder biportal mit zusätzlichem, von der Gegenseite eingeführtem Endoskop.


Trotz Aspirationshöhle 
noch reichlich subligamentäre Sequester. parasagittaler Schnitt Der Nachteil dieser perkutanen Methoden war bisher, daß die Pathologie der Bandscheibe hauptsächlich dorsal lokalisiert und unter dem vorgegebenen Eintrittswinkel nur unzureichend erreichbar geschweige denn behebbar war, wie das nebenstehende Beispiel nach automatisierter perkutaner lumbaler Diskektomie (APLD) zeigt. Die Methode wurde ohnehin Anfang der 90er Jahre wieder verlassen.


Grundsätzlich wirken diese intradiskalen Verfahren nur, wenn der Anulus fibrosus die Bandscheibe noch zusammenhält, eine sogenannte "contained disk" vorliegt. Es dürfen also keine Sequester nach außen getreten sein, und das Material muß sich auf der Höhe des Bandscheibenraumes befinden, also nicht subligamentär nach kranial oder kaudal gewandert sein :

contained disk in der CT Sequester subligamentär freier Sequester

Deshalb konnte die Erfolgsrate dieser intradiskalen Verfahren selbst bei strenger Indikationsstellung nur bei maximal 70%, meist um 60%, liegen. Zu überlegen ist hierbei, ob der überwiegende Teil der in Frage kommenden Patienten nicht auf konservativem Wege ebenso erfolgreich behandelt werden kann. Es bleiben für diese Verfahren nur die wenigen Patienten mit sicherer "contained disk" übrig, die sich auf das konservative Behandlungspektrum auch über längere Zeit als absolut therapierefraktär erweisen. Eine kritische und umfassende Metaanalyse zu dieser Problematik fand sich 1999 im Dt.Ärzteblatt [60].

Bei ausreichend weitem Foramen ... Die neueren perkutanen endoskopischen Methoden, die auch bei uns in Anwendung sind, zielen darauf ab, unter direkter optischer Kontrolle und Instrumentation auch sequestrierte Fragmente im Spinalkanal über den perkutanen Zugang zu erreichen, d. h. auf dem transforaminalen Weg unter entsprechend flachem Winkel.
(s. a. Bandscheibenbuch).



... die Zukunft ? Bemühungen, den Anwendungsbereich mit flexiblen Endoskopen und steuerbaren Instrumenten auszudehnen, finden u. E. ihre Grenze in der mechanischen Stabilität. Ein realistischer Ausweg könnten biegsame Endoskope mit integrierter Laserfaser sein [45-54].


Die Behandlungszahlen und Berichte sind im Moment zu gering, um eine positive vergleichende Aussage gegenüber den offenen mikrochirurgischen Methoden abgeben zu können. Grundsätzlich sollten - unter Berücksichtigung der frappant geringeren perioperativen Morbidität - die Langzeitergebnisse nicht wesentlich schlechter sein. Aus diesem Grund ist zu fordern, daß diese Verfahren in der Hand derjenigen bleiben, die zur Erreichung des Behandlungszieles den Eingriff zu jedem Moment in einen mikrochirurgischen umwandeln können, sei es über den extraforaminalen Zugang oder die paramediane Fensterung.


Zurück zur Homepage | wann Diagnostik ? | welche Diagnostik ? | alte und neue operative Zugänge und Methoden
Diagnose PDS - Bequemlichkeit oder Verlegenheit ? | berüchtigt - die Narbe | eine verwegene Behauptung
Zusammenfassung und Postulate | Literatur | Glossar


(C) Dr. W. Panzer
Mainaustr. 48B
D-78464 Konstanz
Tel. +49 7531 59800
Fax +49 7531 598080
http://www.neuro-bodensee.com
dr.panzer@neuro-bodensee.de