All die genannten technischen Fortschritte und Verfeinerungen der letzten drei Jahrzehnte -
die Makro- und Mikrotechnik, die Einführung perkutaner Verfahren, neuerdings Einsatz
endoskopischer Verfahren - haben zweifellos zu einer geringeren postoperativen Morbidität geführt.
Aber schon nach Einführung der mikrochirurgischen Technik blieb nach allen Literaturauswertungen
und Metastatistiken immer eine Gruppe von 9-15% Patienten mit sehr unbefriedigendem Ergebnis
übrig [15, 21-23]. Die Frustration darüber schien das Etikett "Postdiskotomiesyndrom" für diese
Patientengruppe zu generieren, was ja lediglich "Syndrom nach Bandscheibenoperation" bedeutet.
Entsprechend ist der Begriff im angloamerikanischen Gebrauch zu sehen : "failed back surgery syndrome".
Dabei liegen hier sicher ganz unterschiedliche Kausalitäten zu Grunde, die zum Teil nur indirekt
oder auch gar nicht in Zusammenhang stehen mit der durchgeführten Operation.
Mögliche Ursachen sind :
Unpräzise oder falsche Indikationsstellung, insbesondere fehlende Korrelation zwischen
radiologischem Befund und Schmerzbild bzw. neurologischem Befund [14].
Fehlinterpretation von radiologischen Befunden, wie Doppelwurzel, partiellem Volumeneffekt bei
Spondylolisthesen.
Auch eine Instabilität kann eine radikuläre Symptomatik bedingen, präoperativ sowohl
wie postoperativ, wobei hier die Häufigkeit unsicher zu sein scheint [28, 30].
Extraforaminale Vorfälle können übersehen oder bei der Operation über den Fensterungszugang
nicht erreicht werden.
Postoperative Beschwerden aus anderer Ursache müssen ebenfalls genannt werden, insbesondere bei
Begleiterkrankungen wie Coxarthrose, Gonarthrose, Osteoporose, Polyneuropathie, pseudoradikuläre
Ursachen wie zum Beispiel Blockade und Reizung des Iliosakralgelenkes, Wirbelgelenksarthrosen und
ligamentär bedingte Beschwerden. Oft auch ist es dem Patienten schwer oder unmöglich, diese Symptome
von den präoperativen radikulären Beschwerden zu unterscheiden.
Zu nennen sind Rezessusstenosen, entweder primär und bei der Operation nicht berücksichtigt [27]
oder sekundär durch Sinterung des Bandscheibenraumes entstanden [17-19].
Weiterhin anzuführen sind Spondylodiszitiden, bakteriell oder abakteriell.
Schließlich ist das echte Rezidiv zu nennen, das erneute Austreten von Bandscheibengewebe aus
dem Zwischenwirbelraum [14-16, 20, 22, 23] entweder durch die Exzisionsstelle - gleiche Seite
und gleiches Segment -, oder das Pseudo-Rezidiv - andere
Seite oder anderes Segment.
Oft findet man eine Kombination aus Narbe und Rezidiv, welches selbst bei kleinem Umfang sich doch
erheblich bemerkbar machen kann. Wenn Nervenwurzel und Kaudalsack durch postoperative Narben fixiert
sind, reicht schon ein Sequester geringer Größe, um hier entsprechende Beschwerden zu verursachen,
da die Wurzel hier nicht ausweichen kann.