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Patienten und ihren Ärzten wird es in letzter Zeit schwer gemacht, die angebotenen
Eingriffsmethoden in ihrem Unterschied zu erkennen, geschweige denn ihre Eignung für den konkreten Fall zu beurteilen.
Vieles wird als "minimal-invasiv" und innovativ angepriesen, was schon 20 und 30 Jahre Standard ist. Deshalb die
folgende Orientierung:
Die klassische mikrochirurgische Operation
Prinzip:
Wurde bereits in den 70er Jahren begründet und stellt weiterhin den sog. Goldstandard der Bandscheibenoperation dar:
Hautmittelschnitt von 4-6 oder mehr Zentimetern, Abschieben und Abspreizen der langen Rückenstreckmuskulatur. Unter
Vergrößerung mit Operations-Mikroskop oder Lupenbrille Fensterung zwischen den Wirbelbögen. Weiteres Arbeiten
im Wirbelkanal mit feinen Mikroinstrumenten, daher "mikro-chirurgisch" genannt. Die Freilegung erfordert
eine gewisse Mindestgröße, um ausreichende Beleuchtung zu haben. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit bzw.
Freiheit, den Eingriff fast beliebig ausdehnen zu können.
S. a. Bandscheibenbuch Kapitel 10 und
alte und neue Zugänge und Methoden.
Pro:
Ausbildungssstandard. Methode, die sich für alle Situationen eignet. Größter Überblick (3D!) und
Erweiterbarkeit.
Kontra:
Durch Ablösung des Muskels von den Ansätzen und Spreizung über die Länge der Operationszeit Schädigung
desselben durch Verlust von Gefäßen und Minderdurchblutung. Nachgewiesene Teilvernarbung des Muskels, dadurch
Instabilitätsgefahr, v.a. auch bei Beschädigung der kleinen Wirbelgelenke.
Größte Wundfläche, damit verbleibende Restblutmenge mit Narbenbildung. Unbemerkte Nachblutungen? Größte "operative
Freiheit", auch für Manipulationen am Nervengewebe, dadurch ebenfalls Narbenreaktionen möglich.
Stellenwert:
Standard. Sog. "offene Operation", sollte aus o.g. Gründen nicht als "minimal-invasiv" bezeichnet werden.
Die perkutane endoskopische Operation
Prinzip:
Kleinster Zugang über eine wenige Millimeter messende Stichinzision von der Seite her in örtlicher Betäubung.
KEIN neuer Zugang, wie gelegentlich behauptet, da bereits vor über 20 Jahren für die Chemonukleolyse und dann für die
perkutanen Eingriffe verwendet wie die manuelle, automatisierte und Laser-Dekompression. Endoskope wurden schon Ende der 80er Jahre
mit eingesetzt, teilweise über beiderseitigen Zugang. Mit den neueren Endoskopen (Leu, Yeung) kann man unter Sicht nicht nur die
Bandscheibe selbst ausräumen, sondern über den Wurzelkanal (Foramen) von außen her in den Wirbelkanal (Spinalkanal)
gelangen. Eine Vernarbung soll so vermieden werden.
Pro:
Auf den ersten Blick wirklich minimal-invasives Vorgehen entsprechend der Idealvorstellung. Der Wirbelkanal wird nicht
oder kaum involviert. 5 mm Inzision, 1-2 Nähte oder Klebepflaster. Kurze Operationszeit. Ambulant
im wörtlichen Sinne: Patient steht auf und geht.
Kontra:
Die Methode ist so einfach nicht, wie meist beschrieben: Von außen durch den Wurzelkanal (Foramen) hindurch können
nur die Sequester im Wirbelkanal (Spinalkanal) erreicht werden, die sich in Reichweite und im Geradeaus-Blickwinkel
befinden. Arbeiten "um die Ecke" nach oben und nach unten im Wirbelkanal ist schwierig bzw. unmöglich
mangels abwinkelbarer Instrumente. Viele Patienten kommen daher seriöserweise nicht dafür in Frage. Hier empfiehlt sich
die sog. mikro-endoskopische Arbeitsweise (s.u.) als beste Kombination aus Mikrochirurgie und Endoskopie.
Bei kleingebauten Patienten ist der Platz im Wurzelkanal für Wurzel UND Instrument manchmal zu eng, so daß die Wurzel
gedrückt werden kann. Dies als eigentlicher Grund für die Durchführung in örtlicher Betäubung:
Wenn der Patient hier Wurzelschmerz angibt, muss der Eingriff geändert oder möglicherweise abgebrochen werden, um Schaden zu vermeiden.
Nicht zu vergessen sind die u. U. lang anhaltenden sog. "Ganglion"-Reizerscheinungen in ca. 40% der Fälle, trotz
Cortison. Höhere Rezidivrate durch im Resultat geringfügigere Ausräumung und Nachsequestration durch die Eintrittsstelle
des Endoskopes.
Stellenwert:
Wirklich kleinstmöglicher Eingriff, sofern für den Einzelfall geeignet. Beste Resultate bei
reinen Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen) durch die Volumenverminderung allein, v.a. extraforaminale weiche Vofälle.
Besonders geeignet für rein mediale (mittige), auch subligamentäre Vorfälle, die sonst keine klassische Operationsindikation
darstellen - dann vorzugsweise mit Laserthermoplastie des hinteren Längsbandes (reine Kreuzschmerzen).
Die mikro-endoskopische Operation
Prinzip:
Das sog. mikro-endoskopische Verfahren - eigentlich
eine Kombination aus "mikrochirurgisch-endoskopisch" - mit Mini-Fensterung (Flavektomie) über einen Arbeitskanal von
14 mm Außendurchmesser und später kaum wahrnehmbaren Hautschnitt stellt eine routinemässige Alternative
zur klassischen "offenen" Mikrochirurgie dar.
Damit können wie beim klassischen Verfahren auch gewanderte Sequester erreicht bzw. Kombinationen mit Verengungen
(Stenosen) behoben werden, was auf oben beschriebenem perkutanem Wege unmöglich ist. Dennoch ist der Eingriff
im Vergleich zur Standard-Mikrochirurgie (s.o.) wesentlich minimiert und atraumatisch gestaltet:
Nach 12 mm Hautschnitt etwas weiter von der Mittellinie wird transmuskulär der Primärstab auf das Ligamentum flavum
(Fenster zwischen den Wirbelbögen) gesetzt. Über diesen werden weitere Hohlstäbe (Dilatatoren) vorgeschoben,
bis der Durchmesser des gewünschten Arbeitskanales erreicht ist: Hier wird der Muskel nicht beschädigt, sondern nur
auseinandergedrängt. Parallel zum wandständig im Arbeitskanal fixierten Endoskop kann
mit besonders feinen mikrochirurgischen Instrumenten fast ähnlich wie unter Mikroskop gearbeitet werden.
Pro:
Sehr kleine Narbe. Praktisch keine Muskelschädigung. Geringe "innere" Wundfläche insgesamt, dadurch weniger
Narben im Spinalkanal, dies auch durch den Zwang zu zielgenauem Arbeiten mit Beschränkung auf das "Notwendige".
Fast alle mikrochirurgischen Instrumente können in angepasster Form und Länge analog verwendet werden.
Dadurch, daß die Zugangsrichtung an der Mittellinie fast identisch ist, ist jederzeitige Umwandlung zum mikrochirurgischen
Verfahren durch Erweiterung möglich. Gute Eignung auch für den extraforaminalen Zugang von der Seite mit langem
Arbeitskanal, im Gegensatz zu den perkutanen Verfahren dabei Einsatz mikrochirurgischer Instrumente und erheblich vergrösserter Aktionsradius
auch bis in den Spinalkanal hinein.
Kontra:
Lange Lernphase. 2D-Gewöhnung. Nicht geeignet für Rezidivvorfälle und extreme Spinalstenosen. Je nach Enge
des Arbeitskanales eingeschränkter Aktionsradius z.B. bei der Bandscheibenausräumung.
Stellenwert:
Ideale Kombination aus den instrumentellen Anteilen der Mikrochirurgie und den minimal-invasiven Techniken der Endoskopie.
Siehe auch unter Systeme ...
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Mikro-endoskopische Fensterung
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